Die
Annäherung zwischen Kuba und den USA hat viele Hoffnungen geweckt. Die
kubanische Opposition soll ihre Rechte einfordern, hat US-Präsident
Barack Obama Mitte Dezember gesagt. Doch jetzt stellt sich die Frage:
Hat sie überhaupt die Kraft dazu? Stefan Jost, Leiter des Büros der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Mexiko, ist für die Kuba-Arbeit der KAS
zuständig und kennt die Opposition dort sehr gut.
Herr Professor Jost, hat Sie die Entscheidung von Barack Obama und
Raul Castro überrascht, diplomatische Beziehungen aufnehmen zu wollen?
Obama hatte ja verschiedentlich einige überwiegend rhetorische
Lockerungsübungen in Richtung Kuba gemacht. Dennoch überrascht das, da
die Geheimgespräche wirklich geheim geblieben sind. Allerdings: Auf
beiden Seiten herrscht rationales Interessenkalkül, Herzblut ist da
nicht im Spiel. Kuba steht wirtschaftlich am Abgrund, der große Förderer
Venezuela versinkt immer stärker in seinem eigenen Problemsumpf und
dürfte über kurz oder lang als wirtschaftlich wichtigster
Kuba-Verbündeter ausfallen. Kuba braucht daher andere und seien es noch
so begrenzte Optionen. Die jetzt möglichen wirtschaftlichen
Erleichterungen im Verhältnis zu den USA sind eine Möglichkeit. Obama
wiederum bleibt nicht mehr viel Zeit, um für seine Präsidentschaft
bislang vermisste Markenzeichen zu setzen.
Sie haben vor zwei Wochen in Mexiko-Stadt eine Konferenz
organisiert, an der ein breites Spektrum von Gegnern des kubanischen
Regimes teilgenommen hat. Wie schätzen Sie die Opposition ein?
Hoch motiviert und engagiert, ohne Rücksicht auf ihre persönliche
Sicherheit oder körperliche Unversehrtheit. Jeder von ihnen hat bereits
einen teils sehr hohen Preis für sein Dissidententum bezahlt. Sie sind
ernsthaft, seriös, entschlossen, aber nicht fanatisiert, sondern auf
einen friedlichen, gewaltfreien Systemwechsel fokussiert; selbstbewusst,
aber auch selbstkritisch was die eigene Situation, ihre Stärken und
Schwächen sowie ihre Möglichkeiten unter den Bedingungen des
Castro-Regimes betrifft – von daher auch realistisch und illusionsfrei.
Glauben Sie, dass die Oppositionellen nun enger zusammenrücken werden?
Die Opposition ist sich bewusst, dass sie sich in sehr viel stärkerem
Maße austauschen, koordinieren und zu gemeinsamen Handlungsstrategien
kommen muss, wenn sie Erfolg haben will. Statt sich wegen Fragen
voneinander abzugrenzen, die erst irgendwann nach einem Systemwandel in
Kuba aktuell werden, kommt es vielmehr darauf an, gemeinsam daran zu
arbeiten, dass ein Systemwechsel in Kuba stattfindet und ein
demokratisch-institutionalisierter Rahmen geschaffen werden kann,
innerhalb dessen dann politischer Pluralismus erst möglich ist. Dafür
müssen die organisatorische Zersplitterung und personalisierten
Führungsansprüche überwunden und das Vertrauen zwischen den Beteiligten
gestärkt werden. Die Definition von Gemeinsamkeiten als Grundlage
gemeinsamen Handelns ist hierfür ein wichtiger Schritt.